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Prolog

Ein funktionierendes Konzept erhält man nicht, indem man sich an vorgefertigte Antworten klammert, sondern indem man alle Entscheidungen so genau begründet, dass sie widerlegbar werden.

Die MONEY 2.0-Ausgangsfragen sind das Herzstück von MONEY 2.0 – mit ihnen sollte sich jeder befassen, der sich für Alternativwährungen interessiert, geschweige denn bereits an einem Projekt beteiligt ist. Wer alle Fragestellungen konsequent zu Ende denkt und sich nicht mit willkürlichen Entscheidungen zufrieden gibt, wird überrascht sein, wie wenig Spielraum bei der Konstruktion eines vollwertigen Geldersatzes besteht, der diesen Namen tatsächlich verdient.

Alle denkmöglichen Antworten auf die Ausgangsfragen werden in MONEY 2.0 dargestellt und nachvollziehbar geprüft – Optionen, die sich als unpraktikabel erweisen, werden dabei abgeblendet. Jede Entscheidung wird begründet und kann somit von anderen nachvollzogen werden – das MONEY 2.0-Konzept steht am Ende dieses Frage-und-Antwort-Prozesses. Falls Sie beim Nachvollziehen der Entscheidungswege selbst Fehler oder Konstruktionsschwächen entdecken, benutzen Sie bitte das Kontaktformular.
 

AUSGANGSPUNKT

Im weltweiten Finanzsystem wird Geld im Wesentlichen durch Banken in Umlauf gebracht – die Geldschöpfung erfolgt dabei über Kredite, die durch eine Geldbenutzungsgebühr („Zinsen“) belastet sind. Durch den Effekt der Zinseszinsen steigt die im Gesamtsystem geschuldete Zinslast exponentiell. Um die Zinsen zu bedienen, müssten andere Systemparameter – wie Wirtschaftsleistung oder Ressourcenausbeutung – ebenfalls exponentiell gesteigert werden, was jedoch nicht dauerhaft möglich ist. Das gegenwärtige Finanzsystem ist daher konstruktionsbedingt zum Kollaps verurteilt.

Auf dem Weg in den Zusammenbruch führt der exponentielle Wachstumszwang unseres Geldsystems zunächst zur Zerstörung des menschlichen Lebensraums. Durch die exponentiell wachsenden Zinszahlungen kommt es außerdem zu einer immer massiveren materiellen Umverteilung weg von jenen, die durch ihre Waren und Dienstleistungen produktive Werte schaffen, hin zu den Kapitalgebern. Dieser Automatismus verstößt nicht nur gegen grundlegende menschenrechtliche und demokratische Prinzipien, sondern verzerrt reale Möglichkeiten, individuelle Werte und Lebensperspektiven – für den Einzelnen ist er, ebenso wie für das gesamtgesellschaftliche System, mit gravierenden Folgen verbunden.

FRAGE A: Unter welchen Voraussetzungen können exponentieller Wachstumszwang und systematische Umverteilung eliminiert werden?

Nein MÖGLICHKEIT 1: Indem man das gegenwärtige Geld ersatzlos abschafft

Die meisten Menschen leben heutzutage in Eigentumsgesellschaften. Aufgrund der in diesen Gesellschaften üblichen Rahmenbedingungen werden benötigte Güter, die sich nicht im eigenen Besitz befinden, in aller Regel durch Handel erworben. Auch die für moderne Gesellschaften prägende arbeitsteilige Wirtschaft und Spezialisierung ist vom Tausch von Waren und Dienstleistungen abhängig. Die ersatzlose Streichung jeglicher Art von Tauschmittel wäre daher nur schwer zu verwirklichen und würde jedenfalls eine tiefgreifende Veränderung unserer gesellschaftlichen Strukturen voraussetzen. Eine solche Veränderung lässt sich jedoch kaum auf dem Reißbrett verordnen.

Es ist zudem auch unklar, wie eine solche gewandelte Gesellschaft aussehen sollte. Die mancherorts als Alternative propagierte Vision einer umfassenden Schenkökonomie scheint auf Gesellschaften heutiger Größe und Anonymität kaum anwendbar. Zudem sind Elemente der Schenkökonomie auch heute schon selbstverständlicher Teil moderner Gesellschaftssysteme, was den Schluss zulässt, dass diese Form des Austauschs gar kein zwingendes Gegenkonzept zur Geldwirtschaft darstellt, und die Prinzipien der Schenkökonomie den Bedarf der Menschen nach einem Tauschmittel nicht automatisch ersetzen.

Nein MÖGLICHKEIT 2: Durch Einführung einer Komplementärwährung

Wenn das Ziel darin besteht, Grundprobleme zu lösen, die mit dem gegenwärtigen Finanzsystem zusammenhängen, erscheint die Einführung von bloßen Parallelsystemen dann sinnlos, wenn damit eine dauerhafte Koexistenz mit dem bereits bestehenden System angestrebt wird. Eine solche Koexistenz ist unausweichlich, wenn das Alternativsystem essentielle Funktionen des gegenwärtigen Systems mitnutzt oder anderweitig auf seine Existenz angewiesen ist.

Ja MÖGLICHKEIT 3: Durch Ablöse des gegenwärtigen Systems, indem es repariert, weiterentwickelt oder ersetzt wird

Stimmt man zu, dass in modernen Gesellschaften der Bedarf an einem Tauschmittel besteht und sich dieser Bedarf kurzfristig auch nicht abstellen lässt, kann ein konstruktiver Lösungsansatz nur in der Bereitstellung eines verbesserten Tauschmittels bestehen, das anstelle des gegenwärtigen verwendet werden kann und weder zu exponentiellem Wachstum zwingt, noch einen automatischen Umverteilungsmechanismus enthält.

ZIELSETZUNGEN:

– Ein unabhängiges Geldsystem ohne exponentiellen Wachstumszwang einzuführen, das nicht automatisch zu einer Umverteilung weg von Leistungserbringern hin zu Kapitalgebern führt.

 
FRAGE B: Wer kann ein unabhängiges Geldsystem ohne exponentiellen Wachstumszwang und automatische Umverteilung einführen?

Nein MÖGLICHKEIT 1: Eine übergeordnete Autorität

Tatsache ist, dass sich das gegenwärtige Finanzsystem massiver Unterstützung durch staatliche Autoritäten erfreut: Obwohl es sich bei Banken um private Institutionen handelt, ist das von ihnen geschöpfte Geld als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel etabliert. Zweifelhafte Bankpraktiken sind durch die bereitwillige Kooperation des Gesetzgebers legal, und Angriffe auf das Bankenmonopol werden im Rahmen des geltenden Rechtssystems mit beachtlicher Konsequenz verfolgt. Die Folgen etwaigen Missmanagements hingegen werden im Ernstfall von der öffentlichen Hand getragen.

Dieselben Autoritäten könnten ihre Befugnisse natürlich auch für eine umfassende Reparatur des Systems einsetzen, dafür bräuchte es neben der Macht jedoch den entsprechenden politischen Willen. Dass selbst die „Krisen“ der jüngeren Vergangenheit keinen spürbaren Wandel im Bewusstsein der relevanten Entscheidungsträger gebracht haben, macht zumindest klar, dass man darauf auch nicht mehr warten muss – jedenfalls dann nicht, wenn man den exponentiellen Wachstumszwang unseres Finanzsystems als dringendes Problem erkennt, das zeitnah in Angriff genommen werden muss.

Ja MÖGLICHKEIT 2: Die Marktteilnehmer

Ohne die Hilfe übergeordneter Autoritäten und ohne die Unterstützung jener, die das gegenwärtige Finanzsystem kontrollieren, können eine Reparatur oder Weiterentwicklung der existierenden Strukturen kaum realistische Ziele sein. Wo Außenstehende auf die entscheidenden Systemparameter keinen Zugriff haben, bleibt als einzige Möglichkeit die vollständige Ersetzung durch ein Alternativsystem.

Im Rahmen eines Bottom-Up-Ansatzes müssen die Marktteilnehmer dazu ein neues System etablieren, das auch ohne besondere Befugnisse auskommt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein System, das nicht von der Unterstützung übergeordneter Autoritäten abhängig ist, so angelegt sein muss, dass es von diesen nach Möglichkeit auch nicht verhindert werden kann.

ZIELSETZUNGEN:

– Ein alternatives Geldsystem ohne exponentiellen Wachstumszwang einzuführen, das nicht automatisch zu einer Umverteilung weg von Leistungserbringern hin zu Kapitalgebern führt, und das zu seiner Durchsetzung nicht auf eine höhere Autorität angewiesen ist.

– Zu erreichen, dass das alternative System statt dem derzeitigen Geldsystem verwendet wird und es somit ERSETZT.

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